Ich.
1) Begriff des Ich.
Das Wort Ich bezeichnet die Identität des Subjekts des Wollens mit dem erkennenden Subjekt und schließt beide ein. (G. 143.) — Das Zusammenfallen beider ist das Wunder κατ εξοχην. (G. 143. W. I, 121. 296.) Gleichnisweise ausgedrückt, bildet der Wille die Wurzel, der Intellekt die Krone, und der Indifferenzpunkt beider, der Wurzelstock, wäre das Ich, welches, als gemeinschaftlicher Endpunkt, beiden angehört. Dieses Ich ist das pro tempore identische Subjekt des Erkennens und Wollens, dessen Identität das Wunder κατ εξοχην ist. (W. II, 226.) Der Wille, der sich selber Vorstellung wird, ist die Einheit, die wir durch Ich ausdrücken. (W. II, 294.) Ich ist also keine einfache, unteilbare, unzerstörbare Substanz, sondern es besteht aus zwei heterogenen Bestandteilen, einem metaphysischen (Willen), und einem physischen (Intellekt), einem unzerstörbaren und zerstörbaren. Der Intellekt wird, als bloße Funktion des Gehirns, vom Untergang des Leibes mitgetroffen; hingegen keineswegs der Wille, das prius des Leibes. (N. 20. W. II, 305 fg. 560.) Das Subjekt des Erkennens, der Brennpunkt der Gehirntätigkeit, ist, als unteilbarer Punkt zwar einfach, deshalb aber doch keine Substanz (Seele), sondern ein bloßer Zustand. Das, dessen Zustand er selbst ist, kann nur indirekt, gleichsam durch Reflex von ihm erkannt werden; aber das Aufhören des Zustandes darf nicht angesehen werden als die Vernichtung dessen, von dem es ein Zustand ist. Das erkennende Ich verhält sich zum Willen, welcher die Basis der ganzen Erscheinung ist, wie das Bild im Focus des Hohlspiegels zu diesem selbst, und hat, wie jenes, nur eine bedingte Realität. Weit entfernt also, das schlechthin Erste zu sein (wie z. B. Fichte lehrte), ist es im Grunde tertiär, indem es den Organismus voraussetzt, dieser aber den Willen. (W. II, 314.)
In dem substantivischen Gebrauch des Wortes Ich durch den vorgesetzten
Artikel das liegt eine von Fichte eingeführte und seitdem
habilitierte Erschleichung. Die Weisheit aller Sprachen hat Ich
nicht als Substantiv behandelt; daher Fichte der Sprache Gewalt antun
musste, um seine Absicht durchzusetzen. (P. II, 40.)
Das
logische Ich, oder gar die
transzendentale synthetische Einheit der Apperzeptionsind Ausdrücke, welche die Einheit und den Zusammenhang des Bewusstseins in dem bunten Gemisch der Vorstellungen fasslich und begreiflich zu machen nicht leicht dienen werden. Das, was dem Bewusstsein Einheit und Zusammenhang gibt, ist das prius desselben, der Wille. Von ihm ist im Grunde die Rede, so oft Ich in einem Urteil vorkommt. Er ist der wahre und letzte Einheitspunkt des Bewusstseins und das Band aller Funktionen und Akte desselben. (W. II, 153.)