Dasein.
1) Das Problem des Daseins und die Gedankenlosigkeit der Menschen hinsichtlich desselben.
Wenn man erwägt, wie groß und wie naheliegend das Problem des Daseins ist, dieses zweideutigen, gequälten, flüchtigen, traumartigen Daseins; — so groß und so naheliegend, dass, sobald man es gewahr wird, es alle anderen Probleme und Zwecke überschattet und verdeckt; — und wenn man nun dabei vor Augen hat, wie die meisten Menschen dieses Problems sich nicht deutlich bewusst, ja, seiner gar nicht inne zu werden scheinen, sondern unbekümmert um dasselbe dahinleben oder sich hinsichtlich desselben mit irgend einem Glaubenssystem abfinden lassen; — so kann man der Meinung werden, dass der Mensch doch nur im weiteren Sinne ein denkendes Wesen heiße. (P. II, 534 fg.)2) Nichtigkeit des Daseins.
Die Nichtigkeit des Daseins findet ihren Ausdruck an der ganzen Form desselben, an der Unendlichkeit der Zeit und des Raumes, gegenüber der Endlichkeit des Individuums in beiden; an der dauerlosen Gegenwart, als der alleinigen Daseinsweise der Wirklichkeit; an der Abhängigkeit und Relativität aller Dinge; am steten Werden ohne Sein; am steten Wünschen ohne Befriedigung. Die Zeit und die Vergänglichkeit aller Dinge in ihr und mittelst ihrer ist bloß die Form, unter welcher dem Willen zum Leben die Nichtigkeit seines Strebens sich offenbart. (P. II, 303. W. II, 656.)
Unser Dasein hat keinen Grund und Boden, darauf es fußte, als
die dahin schwindende Gegenwart. Daher hat es wesentlich die beständige
Bewegung zur Form, ohne Möglichkeit der von uns stets
angestrebten Ruhe. — Unruhe ist der Typus des Daseins. (P. II, 304.
H. 414 ff.)