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Schopenhauers Kosmos

 

 Religionsphilosophie.

Den beiden Arten der Metaphysik, Religion und Philosophie (vergl. unter Metaphysik: Unterschied zweier Arten der Metaphysik), wäre es am zuträglichsten, dass jede von der anderen rein gesondert bliebe und sich auf ihrem eigenen Gebiete hielte, um daselbst ihr Wesen vollkommen entwickeln zu können. Statt dessen ist man schon das ganze christliche Zeitalter hindurch bemüht, vielmehr die Fusion beider zu bewerkstelligen, indem man die Dogmen und Begriffe der einen in die andere überträgt, wodurch man beide verdirbt. Am unverhohlensten ist dies in unseren Tagen geschehen in jenem seltsamen Zwitter oder Kentauren, der sogenannten Religionsphilosophie, welche als eine Art Gnosis bemüht ist, die gegebene Religion zu deuten und das sensu allegorico Wahre durch ein sensu proprio Wahres auszulegen. Allein dazu müsste man die Wahrheit sensu proprio schon kennen und besitzen; alsdann aber wäre jene Deutung überflüssig. Denn bloß aus der Religion die Metaphysik, d. h. die Wahrheit sensu proprio, durch Auslegung und Umdeutung erst finden zu wollen, wäre ein missliches und gefährliches Unternehmen, zu welchem man sich nur dann entschließen könnte, wenn es ausgemacht wäre, dass die Wahrheit, gleich dem Eisen und anderen unedlen Metallen, nur im vererzten, nicht im gediegenen Zustande vorkommen könne, daher man sie nur durch Reduktion aus der Vererzung gewinnen könnte. (W. II, 185. Vergl. unter Philosophie: Gegensatz zwischen Philosophie und Theologie.)