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Schopenhauers Kosmos

 

 Insekten.

1) Metamorphose der Insekten.

Die Notwendigkeit der Metamorphose der Insekten lässt sich folgendermaßen erklären. Die metaphysische Kraft, welche der Erscheinung eines solchen Tierchens zu Grunde liegt, ist so gering, dass sie die verschiedenen Funktionen des tierischen Lebens nicht gleichzeitig vollziehen kann; daher muss sie dieselben verteilen, um sukzessiv zu leisten, was bei den höher stehenden Tieren gleichzeitig vor sich geht. Demnach teilt sie das Insektenleben in zwei Hälften: in der ersten, dem Larvenzustand, stellt sie sich ausschließlich dar als Reproduktionskraft, Ernährung, Plastizität. In der zweiten Hälfte stellt die an sich metaphysische Lebenskraft sich dar als hundertfach vermehrte Irritabilität, — im unermüdlichen Fluge, — als hochgesteigerte Sensibilität, — in vollkommenen, oft ganz neuen Sinnen, — hauptsächlich aber als Genitalfunktion. Diese gänzliche Veränderung und Sonderung der Lebensfunktionen stellt also gewissermaßen zwei sukzessiv lebende Tiere dar, deren höchst verschiedene Gestalt dem Unterschied der Funktionen entspricht. Die Natur vollbringt also bei diesen Tieren in zwei Absätzen, was ihr auf Ein Mal zu viel wäre; sie teilt ihre Arbeit. Demgemäß ist auch die Metamorphose dort am vollkommensten, wo die Sonderung der Funktionen sich am entschiedensten zeigt, z. B. bei den Lepidopteren. (P. II, 186 fg.)

2) Instinkt der Insekten.

(S. Instinkt.)

3) Das Leben abgeschnittener Teile bei Insekten.

Wo im Organismus Nervenfäden in ein Ganglion zusammenlaufen, da ist gewissermaßen ein eigenes Tier vorhanden und abgeschlossen, welches mittelst des Ganglions eine Art von schwacher Erkenntnis hat, deren Sphäre jedoch beschränkt ist auf die Teile, aus denen diese Nerven unmittelbar kommen. Hierauf beruht die vita propria jedes Teils, wie auch bei Insekten, als welche, statt des Rückenmarks, einen doppelten Nervenstrang mit Ganglien in regelmäßigen Entfernungen haben, die Fähigkeit jedes Teils, nach Trennung vom Kopf und übrigen Rumpf, noch tagelang zu leben. (W. II, 291. N. 24.)

4) Über das Fliegen kleiner Insekten in die Lichtflamme.

Auf den niedrigsten Stufen des tierischen Lebens ist das Motiv noch dem Reize nahe verwandt; daher liegt auf diesen Stufen die Wirkung des Motivs uns noch ganz so deutlich, unmittelbar, entschieden und unzweideutig vor, wie die des Reizes. Kleine Insekten werden vom Scheine des Lichtes bis in die Flamme gezogen. (E. 39.)
Was die Frage betrifft, ob die Natur den Insekten nicht wenigstens so viel Verstand hätte erteilen sollen, wie nötig ist, um sich nicht in die Lichtflamme zu stürzen; so ist die Antwort: freilich wohl; nur war ihr nicht bekannt, dass die Menschen Lichter gießen und anzünden würden, und natura nihil agit frustra. Also bloß zu einer unnatürlichen Umgebung reicht der Verstand der Insekten nicht aus. (N. 50. M. 166 fg.)