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Schopenhauers Kosmos

 

 Akademien.

1) Aufgabe der Akademien.

Neue Wahrheiten von Belang gehen selten von Akademien aus. Daher sollten sie wenigstens wichtige Leistungen zu beurteilen fähig sein und genötigt werden, ex officio zu reden. Wenn der größte Geist einer Nation eine Sache zum Hauptstudium seines Lebens gemacht hat, wie z. B. Goethe die Farbenlehre, und sie findet keinen Eingang, so ist es Pflicht der Regierungen, welche Akademien bezahlen, diesen aufzutragen, die Sache durch eine Kommission untersuchen zu lassen; wie Dies in Frankreich mit viel unbedeutenderen Dingen geschieht. (P. II, 507.)
Akademien haben zum Zweck die Auffindung tatsächlicher, mithin stets nur besonderer Wahrheiten; diesem Zweck ist die vereinte Bemühung Vieler angemessen. Hingegen die Auffindung der allgemeinen Wahrheiten ist das Werk Einzelner und Seltener, welche Mitarbeiter weder brauchen noch finden können. (H. 468.)

2) Verhältnis der Akademiker zu den großen Geistern.

Die wirklich überlegenen und privilegierten Geister, welche dann und wann ein Mal zur Erleuchtung der übrigen geboren werden, sind es von Gottes Gnaden und verhalten sich demnach zu den Akademien und zu deren illustres confrères, wie geborene Fürsten zu den zahlreichen und aus der Menge gewählten Repräsentanten des Volkes. Daher sollte eine geheime Scheu die Herren Akademiker warnen, ehe sie sich an einem solchen rieben, — es wäre denn, sie hätten die triftigsten Gründe aufzuweisen. (W. II, 303.)
Wenn die Größe der Geisteskraft nicht eine rein intensive wäre, die durch kein Nebeneinander und Beieinander anwächst, dann wären Akademien viel Wert. (H. 468.)
Geistesüberlegenheit jeder Art ist eine sehr isolierende Eigenschaft, die geflohen und gehasst wird. Zum Vorwärtskommen in der Welt, auch zur Erlangung von Ehrenstellen und Würden, ja, Ruhm in der gelehrten Welt, sind Freundschaften und Kameraderie bei Weitem das Hauptmittel. Daher sitzt z. B. in den Akademien die liebe Mediokrität stets oben auf, Leute von Verdienst hingegen kommen spät oder nie hinein. (P. I, 491.)

3) Verhalten der Akademien zu ernsten und bedenklichen Preisfragen.

Eine Akademie ist kein Glaubenstribunal. Wohl aber hat nun jede, ehe sie so hohe, ernste und bedenkliche Fragen, wie z. B. die über die Freiheit des Willens und das Fundament der Moral aufstellt, vorher bei sich selbst auszumachen, ob sie auch wirklich bereit ist, der Wahrheit, wie immer sie lauten möge, öffentlich beizutreten. Denn hinterher, nachdem auf eine ernste Frage eine ernste Antwort eingegangen, ist es nicht mehr an der Zeit, sie zurückzunehmen. Diese Bedenklichkeit ist ohne Zweifel der Grund, weshalb die Akademien Europas sich in der Regel wohl hüten, Fragen solcher Art aufzustellen (E. XVII.)